Unsere Pädagogik berücksichtigt den individuellen Bedarf jedes Kindes und Jugendlichen, den aktuellen fachlichen Erkenntnisstand der Heimerziehung und die historischen Verpflichtungen:
Das Kindeswohl, der Schutz der Kinderrechte und die Perspektive der Kinder und Jugendlichen stehen im Mittelpunkt aller Überlegungen und Handlungen.
Wir gestalten das Heim und unsere Arbeit nach Möglichkeit so, dass Kinder und Jugendliche sich hier wohl fühlen und einen Ort finden, der ihnen Geborgenheit und Sicherheit bietet. Dies umfasst z.B. eine entsprechende Raumgestaltung, wohlschmeckende gesunde Ernährung aber auch eine wohlwollende und zugleich klare Ausstrahlung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
Jeder Heimbewohner/jede Heimbewohnerin wird individuell gefördert. In halbjährlichen oder jährlichen Hilfeplangesprächen mit dem Sozialen Dienst des zuständigen Jugendamts, den Sorgeberechtigten, dem Kind beziehungsweise Jugendlichen und unseren Pädagogen werden individuelle Hilfepläne erstellt. In regelmäßigen Fallbesprechungen und Teamgesprächen entwickeln die Teams zusammen mit der Erziehungsleitung und dem psychologischen Fachdienst die daraus abgeleitete Erziehungsplanung zeitnah weiter.
Wir suchen auch unkonventionelle Wege und Lösungen, wenn die herkömmlichen Mittel nicht ausreichen, und nutzen dabei interne und externe personelle und materielle Ressourcen. Wir versuchen für jeden Einzelnen auch in schwierigen Situationen die passende Hilfe zu finden.
Heimerziehung findet grundsätzlich in der Gruppe statt. Dabei hat die Gemeinschaft einen eigenen Wert und ist nicht nur Mittel zum Zweck. Die Förderung des Sozialverhaltens der einzelnen Gruppenmitglieder findet im Zusammenleben der Gruppe ihre Alltagsbasis. Neben der individuellen Förderung ist uns deshalb eine intensive gruppenpädagogische Arbeit sehr wichtig.
Die Wohngruppen haben mit 8 Plätzen eine überschaubare Größe und werden von festen Teams rund um die Uhr betreut. Es gibt in jeder Gruppe eine Nachtbereitschaft durch die vertrauten Betreuer/-innen. Die relativ homogene Alterszusammensetzung der Gruppen ermöglicht eine peergruppenorientierte Alltagsgestaltung.
Unsere Teams führen Gruppenabende, Gruppenunternehmungen, Themenabende und -veranstaltungen, Gruppenfahrten und Gruppenfreizeiten durch. Selbst in der Jugendwohngruppe als eine Art Trainingslager zur Verselbständigung ist das gemeinsame Abendessen, das abwechselnd von den Jugendlichen gekocht wird, ein zentraler Punkt im Tagesablauf.
Der Beziehungsaufbau ist grundlegend für unsere pädagogische Arbeit. Wir vertreten eine bindungsorientierte Pädagogik. Eine Pädagogin/ ein Pädagoge, die zu einem Kind oder Jugendlichen eine stabile Beziehung hergestellt haben, haben ganz andere Einwirkungsmöglichkeiten als fremde Personen. Allerdings braucht der Beziehungsaufbau zu Menschen, die schon oft in Beziehungen enttäuscht wurden, sehr viel Geduld und Frustrationstoleranz.
Wir haben die Traumapädagogik als wesentliche fachliche Arbeitsgrundlage eingeführt. Viele Kinder und Jugendliche im Kinderheim haben in ihrer Lebensgeschichte traumatische Ereignisse erlebt und brauchen eine Betreuung, die dafür sensibilisiert ist. Alle pädagogischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erhalten eine mehrtägige traumapädagogische Schulung.
Wir haben neue Konzepte und Handlungsrichtlinien entwickelt für verschiedene pädagogische Bereiche, z.B. für die Sexualpädagogik oder die Medienpädagogik.
Es gibt ein verhaltenstherapeutisch ausgerichtetes Belohnungssystem: Das Erreichen der individuellen und der Gruppen-Ziele wird mit Sach-, Zeit- oder kleinen Geldprämien anerkannt.
Partizipation ist ein Grundprinzip unseres Umgangs mit den Kindern und Jugendlichen und bei der Gestaltung des Heimlebens. Die Gruppenmitglieder werden einbezogen in die Hilfe- und Erziehungsplanung, in die Festlegung von Erziehungszielen und bei der Erstellung der Entwicklungsberichte. Sie können mitreden bei der Planung der heilpädagogischen Gruppenangebote und sonstigen Veranstaltungen, bei der Gestaltung ihres Zimmers, Ihres Hauses und des Außengeländes oder beim Speiseplan. Es gibt wöchentliche Gruppenabende, an denen das Zusammenleben reflektiert und gemeinsame Vorhaben besprochen werden. Jede Gruppe hat zwei Gruppensprecher, die sich monatlich mit den Vertrauenserziehern treffen und ihre Anliegen dort einbringen. Mehrmals nahm eine Vertretung unserer Einrichtung am bayernweiten Treffen von Gruppen- und Heimsprechern in Ipsheim teil. Eine Partizipationsbeauftragte unterstützt die Gestaltung und Weiterentwicklung der Beteiligungskultur im Kinderheim.
Die Kinder und Jugendlichen wählen in geheimer Wahl einen Vertrauenserzieher und eine Vertrauenserzieherin, die ihnen als zusätzliche Vertrauenspersonen außerhalb ihrer Gruppe zur Verfügung stehen.
Regeln werden als notwendige, aber auch veränderbare Orientierungshilfen begriffen. Jede Gruppe führt jährlich einen Regel-TÜV durch und überprüft dabei, ob die geltenden Regeln noch angemessen sind oder verändert werden sollten. Heimregeln werden bei Bedarf in der Leitungskonferenz überarbeitet.
Wir haben ein formales Beschwerdemanagementsystem für die Kinder und Jugendlichen eingeführt und informieren diese darüber. Dabei ist es uns wichtig, die Hürden zum Sich-Beschweren niedrig zu halten.
Jedes Kind und jeder Jugendliche hat eine Hauptbetreuerin oder einen Hauptbetreuer und regelmäßige „Ich-Zeiten“ im Einzelkontakt. Dies ist eine feste Zeit für jeden einzelnen ganz alleine.
Psychologische und heilpädagogische Fachdienststunden bzw. Therapiestunden sind für alle Kinder und Jugendlichen verpflichtend. Die Häufigkeit kann je nach Bedarf variieren. Inhalt der Fachdienststunden ist die Auseinandersetzung mit den jeweiligen Problemfeldern, die Förderung der Problemlösefähigkeiten und die Förderung spezifischer Kompetenzen. Die Fachdienstmitarbeiter/-innen sind oft wichtige Vertrauenspersonen, die den Kindern und Jugendlichen ganz individuell Zeit und Aufmerksamkeit geben.
Der Abschluss einer Schul- und Berufsausbildung hat für uns einen hohen Stellenwert. Er ist die Basis für eine spätere – auch finanzielle – Selbständigkeit und Unabhängigkeit. Die schultägliche Lernzeit ist für alle verbindlich. Für jedes Gruppenmitglied werden Lernpläne und Lernmappen geführt. Bei Bedarf organisieren wir interne und externe Nachhilfe, die unser Förderkreis finanziert.
Das gemeinsame Feiern von Festen dient der Rhythmisierung des Jahreslaufs. Wir gestalten Fasching, Ostern, Sommerfest, Nikolaus, Weihnachten sowie Geburtstage und andere persönliche Feste in einem besonderen Rahmen. Das Mitfeiern von Feiertagen verschiedener Religionen und Kulturen wird ermöglicht.
Zur Freizeitgestaltung und zur Förderung des Zusammenhalts über die Gruppen hinweg gibt es eine jährliche Heimfreizeit für alle Heimbewohner und viele weitere gemeinsame Heimveranstaltungen, z.B. erlebnispädagogisch gestaltete Segelfreizeiten, Fahrradtouren, Bergtouren, Kletteraktionen oder Kanufahrten.
Unsere Pädagogen bieten vielfältige heilpädagogische Aktionsgruppen an. Diese sind als regelmäßige Wahlpflichtveranstaltungen konzipiert, von denen jedes Kind und jeder Jugendliche eine auswählen muss, z.B. verschiedene Sportgruppen, Schwimmgruppen, heilpädagogisches Reiten, Klettergruppe oder Medienpädagogische Gruppe. Daneben gibt es eine Reihe von Einzelprojekten zur Kompetenzförderung, von der Trapezgruppe über kreative Angebote bis zu Kochtreffen und Gartenaktionen.
Die aktive Mitgliedschaft in Vereinen wird unterstützt und vom Förderkreis finanziert. Manchmal gelingen dabei auch herausragende sportliche Erfolge.
Zum Erlernen und Einüben lebenspraktischer Fertigkeiten übernehmen die Kinder von klein auf Dienste und hauswirtschaftliche Aufgaben. Sie helfen mit beim Aufräumen und Reinigen. Das Kochen findet komplett in der Gruppe statt nach Möglichkeit unter Mithilfe der Kinder und Jugendlichen. Die Kinder und Jugendlichen waschen unter Anleitung der Pädagogen ihre Wäsche selbst ab ca. 12 Jahren. Die Kinder und Jugendlichen werden unterstützt im praktischen Lernen durch Anleitung und Durchführung kleiner Reparaturen von persönlichen Gegenständen oder am Fahrrad. Auch im Rahmen von Wiedergutmachung werden Beschädigungen von Kindern und Jugendlichen gemeinsam mit einer Werkpädagogin repariert.
Wir arbeiten kontinuierlich mit den Eltern zusammen. Neben den Absprachen über Beurlaubungen und dem gegenseitigen Informationsaustausch bieten wir regelmäßige Elterngespräche an, um die Eltern zu beraten und die Beziehung zwischen Kindern und Eltern sowie Angehörigen zu fördern. Jede Gruppe veranstaltet jedes Jahr ein Gruppenfest mit ihnen. Seit einigen Jahren laden wird zum internen Sommerfest Eltern und Angehörige ein.
Wir kooperieren eng mit den Jugendämtern, den Schulen und allen Fachkräften, die unsere Kinder und Jugendlichen betreuen oder behandeln. Unsere Pädagogen pflegen einen regelmäßigen und direkten Kontakt zu den Klassenlehrern, Fachärzten oder anderen Fachkräften.
Wir pflegen den Kontakt zu den ehemaligen Heimbewohnern und führen Ehemaligentreffen durch. Auf Wunsch gewähren wir den Ehemaligen Akteneinsicht und unterstützen sie bei der Suche nach Informationen zu Ihrer früheren Heimunterbringung. Die Heimleitung steht dabei als Gesprächspartner zur Verfügung, da bei solchen Nachforschungen die oftmals sehr emotionalen und tiefgreifenden Erlebnisse aus der eigenen Kindheit und Jugend wieder ins Bewusstsein kommen.
Die pädagogischen Mitarbeiter/-innen reflektieren ihre Arbeit und entwickeln neue Maßnahmen in wöchentlichen Teamgesprächen, in regelmäßigen Fallbesprechungen und Teamsupervisionen, in gruppenübergreifenden pädagogischen Konferenzen, bei Schulungen und Fortbildungen. Sie können sich auch persönlich von erfahrenen Teammitgliedern, von den Fachdienstmitarbeitern/-innen oder von den Leitungskräften beraten lassen. Zum Schutz der Kinder, Jugendlichen und Mitarbeitenden und zum achtsamen Umgang miteinander gibt es für alle Mitarbeitenden des Kinderheims im Rahmen des Schutzkonzeptes einen verbindlichen Verhaltenskodex.
Wir unterstützen die Mitarbeitergewinnung indem wir Plätze für ein Berufspraktikum im Rahmen der Ausbildung zur/m Erzieher/in, Praxissemesterplätze für Studenten/innen der Sozialen Arbeit, einen Praxisplatz für das duale Studium Soziale Arbeit und Plätze für den Bundesfreiwilligendienst anbieten.